Von Heinz-Josef Botthof; In: CFO Jahrbuch 2015 - Das Jahrbuch für modern Finanzchefs
Im Zuge einer stärkeren Spezialisierung wird die interne Zusammenarbeit immer wichtiger und komplexer. Dabei sind neue Führungsqualitäten der CFOs gefragt.
Die Komplexität im Arbeitsalltag nimmt enorm zu. In vielen Fällen ist es nicht mehr möglich, dass ein einzelner Kopf Entscheidungen ganzheitlich vorbereiten und sicher treffen kann. Für gute, sichere und qualitativ hochwertige Entscheidungen benötigen wir Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und müssen uns mit diesen intensiv austauschen. Der Querdenker wird immer wichtiger. Auch die enorme Veränderungsgeschwindigkeit ist eine große Herausforderung. Routine kann sich in vielen Fällen nicht mehr einstellen. Ad -hoc-Anfragen und ständig neue, spezifizierte Kennzahlen dominieren den Alltag im Controlling. Zusätzliche Anforderungen ergeben sich durch die sich ändernden Rechtsordnungen im internationalen Geschäft.
Zudem hat sich der Anspruch an das Controlling in den letzten Jahren massiv geändert. Die reine Darstellung der vergangenheitsorientierten Zahlen und des Forecasts genügen nicht mehr. Der Controller soll die Fachbereiche bei der Gestaltung der Zukunft unterstützen. Seine Expertenrolle zeigt sich nun in Simulationen und Hochrechnungen auf Basis von Ist-Zahlen, mit denen er Aussagen über die Zukunft machen soll. De r Controller als Businesspartner ist gefragt. Er schafft Akzeptanz, weil er nicht nur seine Zahlen, sondern auch das Geschäft an sich versteht.
Auch die Strukturen im Controlling ändern sich: vom zentralen zum dezentralen Controlling, der direkten Zuordnung zum Fachbereich. Im Zuge dessen verändert sich auch einige s für den CFO: Die Mitarbeiter in seinem Umfeld benötigen andere und neue Fähigkeiten und sind ihm in einigen Fällen nicht mehr direkt unterstellt. Damit nimmt der Koordinationsaufwand eines jeden CFO zu.
Die Unternehmen und damit natürlich auch die einzelnen Entscheider sind gezwungen, immer schneller weitreichend e Entscheidungen zu treffen. Damit Unsicherheiten und Risiken in dieser Situation überschaubar bleiben, benötigen die Entscheidungsträger umfangreichere Daten in deutlich kürzeren Rhythmen. Diese erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn sie die für die handelnde Person wichtigen und klaren Steuerungsinformationen enthalten.
Die Fachkompetenz des CFO verändert sich vor diesem Hintergrund massiv. Auch er wird sich immer mehr spezialisiere n müssen, um den Aufgaben und Anforderungen gerecht werden zu können. Spezialisierung birgt leider immer die Gefahr, das Ganzheitliche aus dem Blick zu verlieren. Alle sind hervorragend qualifiziert, es fällt aber schwer, den anderen zu verstehen. Jetzt zählt es mehr denn je, über die Voraussetzungen für eine wirksame Verständigung in der Abteilung und über die Abteilungsgrenzen hinaus nachzudenken. Kommunikation, Teamfähigkeit, Führungskompetenz und Konfliktfähigkeit sind nur eine Auswahl der vielen Fähigkeiten, die dafür nötig sind.
Kommunikation ist alles
Die bedeutendste dieser Komponenten ist sicherlich die Kommunikationsfähigkeit. Der CFO muss bei Einzelgesprächen, in Besprechungen und auch in seiner Führungsrolle ständig kommunizieren. Ein gutes Gespräch ist empfängerorientiert ausgerichtet. Ein Gespräch mit einem Spezialisten eines anderen Fachbereichs muss anders aufgebaut sein als das Gespräch mit einem Spezialist e n aus d e m eigenen direkten Umfeld. Obwohl das eigentlich selbstverständlich sein sollte, fällt die Umsetzung oft schwer.
Häufig gibt es zu wenig Zeit für die Vorbereitung, um Gespräche gut zu strukturieren und die Inhalte empfängerorientiert zu ordnen. Für das Gespräch selbst ist meist eben falls zu wenig Zeit eingeplant, und es wird versucht, Dinge stark zu verdichten. Inhalte werden kurz dargestellt. Das Risiko dabei liegt darin, missverstanden zu werden. Denn gute Kommunikation ist immer ein Dialog, bei dem zunächst das gemeinsame Ziel abgestimmt wird.
Während des Gesprächs sollte der Sender den oder die Empfänger sehr genau beobachten und deren Feedback (nonverbal) in seine Ausführungen einbinden. Je komplexer ein Sachverhalt ist, umso wichtiger ist es, das verbale Feedback der einzelnen Empfänger wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Dieser Austausch sollte der Kern eines Gesprächs sein und nicht nur die reine Mitteilung von Informationen.
Denn am Ende eines jeden guten Gesprächs steht ein für alle Seiten eindeutiges, akzeptables Ergebnis! Selbst verständlich bedeutet das nicht, dass alle sich stets und immer einig sind. Es verdeutlicht aber, dass am Gesprächsende allen Teilnehmern die Einigkeit oder auch die Differenz deutlich vor Augen steht. Daran kann dann das weitere zielorientierte Handeln ausgerichtet werden.
Empathie als Führungsstärke
Emotionale Intelligenz spielt im Umgang miteinander ebenfalls eine wesentliche Rolle. Zum einen sollte man die eigenen Emotionen unter Kontrolle haben, denn es ist nicht immer sinnvoll, die eigene positive (oder auch negative) Emotion für andere sichtbar zu machen. Dadurch erscheint man in einer machtorientierten Kultur unter Umständen angreifbar. Um die eigenen Gefühle kontrollieren zu können, benötigt man Klarheit über das eigene Reaktionsverhalten in Alltagssituationen. Ein gesundes Selbstbewusstsein ist da bei hilfreich. Außerdem ist es wichtig zu wissen, welche Gefühle man durch das eigene Handeln oder durch die eigenen Aussagen bei dem Gesprächspartner auslöst.
Bereits in der Vorbereitung sollte man sich verdeutlichen, welche Reaktion man bei dem Gegenüber auslösen wird oder erwarten kann. Darauf kann man reagieren und die Inhalte verändern, anders strukturieren, anders darstellen und anpassen. Oder sich bewusst dafür entscheiden, einer Konfrontation nicht auszuweichen. Dann ist man besser vorbereitet und kann ganz anders mit der Konfrontation umgehen. Diese Rücksichtnahme führt nicht dazu, dass Dinge nicht angesprochen werden. Sie können aber anders formuliert werden, und damit ist ein konstruktives Klima im Gespräch möglich.
Man sollte sich klarmachen, dass das kaufmännische Denken des CFO nicht im Fokus aller anderen Gesprächspartner steht. Menschen mit technischen, wissenschaftlichen oder sozialen Ausbildungen sind in der Konsequenz einfach anders geprägt. Vor dem Hintergrund dieser Kenntnisse müssen Ziele und Inhalte verständlich und sicherlich häufig auch differenziert aufbereitet werden.
Veränderte Führungsaufgabe
Die anfangs genannten Veränderungen wirken sich nicht nur auf die Kommunikation, sondern auch auf die Führungsaufgabe des CFO erheblich aus. Wer ein Team von Spezialisten führt, muss bereit sein, loszulassen. Ziele werden abgestimmt und Hintergründe werden erläutert. Danach muss der CFO die Mitarbeiter frei handeln lassen. Ständige Eingriffe in die Arbeit der Mitarbeiter führen häufig zu deutlicher Demotivation. Die Rolle des CFO ist es, durch seine Kontakte im Unternehmen die Bedürfnisse der Entscheider zu erkennen und diese an die Mitarbeiter weiterzugeben. Gemeinsam müssen Lösungen gefunden werden, wie man diesen Ansprüchen begegnen kann und will. Gleichfalls ist der CFO Ansprechpartner für den Mitarbeiter, wenn er Rückendeckung benötigt oder Sachverhalte (gesetzliche Vorgaben) durchgesetzt werden müssen.
Wie kann man sich auf dieses veränderte Führungsumfeld vorbereiten? Die wichtigste Vorbereitung ist, das eigene Bewusstsein für die eben skizzierten Anforderungen zu schärfen und sich in der Kommunikation und in seinem Handeln zu reflektieren. Dazu gehört auch, sich Meinungen, die von der eigenen abweichen, anzuhören und sich damit auseinanderzusetzen. Wenn die Mehrzahl der handelnden Personen die eigenen Soft-Skills ausbaut, hat dies einen sehr positiven Einfluss auf die Unternehmenskultur.